STIFTUNG TECHNOLOGIEFREIHEIT

DIE FREIHEIT DER TECHNOLOGIE

Wenn wir die Chancen neuer Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung nutzen wollen, müssen wir konsequent auf Technologiefreiheit setzen. Die Entwicklung und Anwendung von Zukunftstechnologien darf nicht durch politische Ge- und Verbote blockiert werden. Nur mit technologischem Wettbewerb bleiben wir dauerhaft innovativ und zukunftsfähig.

Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué

Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué

Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Eigentlich ist es eine Banalität: Wohlstand und Wirtschaftswachstum brauchen technischen Fortschritt. Und der ist nicht vorhersehbar, und zwar weder von staatlichen Bürokraten noch von einzelnen Managern, Unternehmern und Wissenschaftlern. Er ist vielmehr das Ergebnis der Schwarmintelligenz von Märkten. An deren Fehlen ist im Kern die sozialistische Planwirtschaft gescheitert. Sie war außerstande, das nötige kommerziell verwertbare technische Wissen zu schaffen, um auf Dauer in allen Bereichen des technologischen Spektrums hochinnovativ zu sein und zu bleiben. Und dieses Spektrum – das ist heute die zusätzliche Herausforderung – wird immer breiter und tiefer.

WEGE FÜR INNOVATIONEN OFFENHALTEN

Merkwürdig nur, dass diese Banalität gerade im Anblick großer Aufgaben der Menschheit aus dem Blick gerät, gerade hier in Deutschland, dem Land der visionären Dichter und Denker. Der Grund: Man sieht die gewaltigen Herausforderungen, und man glaubt, selbst schon die Lösungen dafür am Horizont zu erkennen. Die Vision verlockt zur technologiepolitischen Sturzgeburt – nach dem Motto: Jetzt aber ohne Ablenkung dorthin, mit dem Wissen, das wir schon heute haben, ohne schuldhaftes Verzögern, so schnell wie möglich. Und wenn, wie beim Klimaschutz, tatsächlich Eile geboten ist, dann wird die Versuchung groß, nur den erblickten Hauptweg zum Ziel zu verfolgen und alle anderen Wege zu diffamieren und zu verstellen.

Genau so arbeiten viele grün beseelte Technologie und Industriepolitiker. Genau dies ist aber falsch, denn es verschließt all jene Wege, bei denen heute noch nicht zu erkennen ist, ob sie zum Ziel führen, aber die doch zum Mindesten einen kompetenten Teil der wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Community überzeugen und faszinieren. Es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Staates, diese „unorthodoxen“ Wege offenzuhalten – und nicht zu blockieren. Dies kann auf mehreren Ebenen geschehen: erstens Verzicht auf jedwede Forschungs- und Innovationsverbote; zweitens Berücksichtigung der unorthodoxen Wege in der staatlich finanzierten Grundlagenforschung; und drittens direkte staatliche Förderung der kommerziell begründeten Forschung und Entwicklung durch Steuernachlässe und Subventionen.

Hände setzen Puzzle zusammen

KEINE TECHNOLOGIEVERBOTE

Die drei Wege stellen unterschiedliche Fragen der Ordnungspolitik. Der Verzicht auf Technologieverbote ist dabei das elementarste Gebot der Freiheitsrechte, und es darf nur eingeschränkt werden, wenn offenbar Gemeingefährliches oder ethisch Verwerfliches zu erwarten ist. Bei der Grundlagenforschung bedarf es des Urteils von Fachleuten der Wissenschaft, wobei allerdings auch ein Spektrum von Positionen zu akzeptieren ist, denn die „Peer Group“ oder die Mehrheit der Forscher darf die (originelle) Minderheit nicht komplett herausdrängen, sonst verarmt die Wissenschaft. Im kommerziellen Bereich der Steuernachlässe und Subventionen muss die Chancengleichheit der Projekte beachtet werden, sonst werden wieder Wege verstellt.

FORSCHUNGSPOLITIK AUF ABWEGEN

So weit die Gebote der Ordnungspolitik. An ihnen gemessen ist die Forschungspolitik in Deutschland in den letzten Jahren auf Abwege geraten. Dies gilt vor allem für den verminten Bereich der Energie- und Klimapolitik: Deutschland ist dabei, fast komplett aus der Kernenergie auszusteigen – bis auf zwei Versuchsanlagen zur Kernfusion in Garching und Greifswald. Die Entwicklung von Small Modular Reactors bzw. Flüssigsalzreaktoren, der neuen Generation von umweltfreundlichen Reaktoren, ist an Deutschland weitgehend vorbeigegangen. Die Nutzung der heimischen Gasvorkommen durch Fracking ist verboten. Die Forschung zu synthetischen Kraftstoffen – als Nachfolger des fossilen Verbrenners und als Alternative zum Elektromotor – führt ein Nischendasein und muss ständig fürchten, von einer künftigen Regierung gestoppt oder ausgehungert zu werden. Die Abscheidung und Speicherung von CO2, die sog. CCS-Technologie, wird in Norwegen genutzt. Warum nicht in Deutschland?

Ähnliches gilt für andere Bereiche der Hochtechnologie, wo Deutschland dabei ist, eigene ehemals führende Positionen zu verlieren. So wurde die grüne Gentechnologie über Jahrzehnte von grüner Seite angefeindet und Investoren aus dem Land getrieben. Und im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) ist mit dem Programm ChatGPT die nächste Sprunginnovation am Horizont. Und wieder einmal ist Deutschland nicht Vorreiter, trotz bester Startbedingungen als klassische Ingenieurnation.

INNOVATIONSKRAFT DURCH TECHNOLOGIEFREIHEIT

Es braucht also dringend ein Umdenken. Das politische Mindset muss sich komplett verändern – von der ständigen Angst vor technologischen „Fehlentwicklungen“ hin zu jenem Grundvertrauen in die Entdecker- und Innovationskraft der Menschen, die sich frei und offen entwickeln muss, ohne enges Korsett von Ge- und Verboten sowie mit angemessener, aber ergebnisoffener staatlicher Unterstützung. Es geht um einen Kernbereich liberalen Denkens in einer sozialen Marktwirtschaft.

Es ist gut, dass sich Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger die technologieoffene Zukunft auf die Fahnen geschrieben hat. Sie geht dabei mit ihrer Partei noch einen Schritt weiter. Sie fordert ein „Technologiefreiheitsprinzip“, gesetzlich verankert als eine moderne Ergänzung der sozialen Marktwirtschaft, deren Zukunft immer mehr gefährdet wird durch technologie- und industriepolitische Festlegungen, die unserer Innovationskraft schaden und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie gefährden. Unser Land braucht in der Globalisierung eine offene Zukunft. Dies geht nur mit Freiheit der Technologie.

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