FRAKTION AUSBLICK

MIT KICKSTART
IN DIE ZWEITE HÄLFTE

Wo die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten in den kommenden Monaten Prioritäten setzt und der Regierungsarbeit eine deutliche liberale Handschrift verleihen wird, zeigt Christian Dürr im Interview auf.

Dürr

Christian Dürr

Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag

Beinahe die Hälfte der Legislatur ist vorbei: Auf welche Erfolge der vergangenen zwei Jahre sind Sie besonders stolz?

Wir haben eindeutig unter Beweis gestellt, dass wir das Motto unseres Koalitionsvertrages „Mehr Fortschritt wagen“ sehr ernst nehmen. Wir haben unter anderem die deutsche Energieversorgung auf neue Beine gestellt, die hart arbeitende Mitte umfangreich entlastet und ein Einwanderungsgesetz mit Punktesystem nach kanadischem Vorbild beschlossen, um Migration direkt in unseren Arbeitsmarkt zu lenken. Das ist der unionsgeführten Regierung in 16 Jahren nicht gelungen. Und dabei haben wir es noch geschafft, die Schuldenbremse einzuhalten – obwohl wir die Ukraine gleich nach Kriegsbeginn umfangreich unterstützt haben.

Tatsächlich hat der schreckliche Krieg in der Ukraine die bisherige Regierungszeit deutlich mitgeprägt. Welche Perspektiven gibt es für diesen Konflikt und was bedeutet das für uns in Deutschland?

Das ist richtig: Als unsere Arbeit in der Koalition gerade richtig losging, hat Putin die Ukraine angegriffen. Ich bin sehr froh, dass wir uns alle einig waren, dass wir schnell unterstützen müssen – politisch, finanziell und militärisch. Die Ukraine verteidigt nicht nur ihre Bevölkerung und ihr staatliches Territorium, sondern auch fundamentale Werte wie Freiheit und Demokratie. Für uns Freie Demokraten ist daher klar: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. Und dabei werden wir sie so lange unterstützen, wie es nötig ist.

Schauen wir nach vorne: In der ersten Woche nach der parlamentarischen Sommerpause wird der Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Die FDP besteht wieder auf der Einhaltung der Schuldenbremse. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Die Schuldenbremse ist kein Wunsch der FDP, sondern ein Gebot unserer Verfassung. Inzwischen sind nach dem Etat des Arbeitsministeriums und dem Verteidigungshaushalt die Zinskosten der drittgrößte Einzelposten. Wer bei diesen Fakten fordert, noch mehr Schulden zu machen und damit noch höhere Zinsen zu zahlen, investiert nicht in unsere Zukunft, sondern ruiniert sie. Und deshalb haben wir als FDP auch darauf bestanden, dass die Einhaltung der Schuldenbremse Teil des Koalitionsvertrages wird.

Erst nach intensiven Verhandlungen konnte sich die Koalition auf die Kindergrundsicherung einigen. Warum hat das so lange gedauert?

Das Ergebnis zählt. Wir wollen allen Kindern gute Teilhabe- und Aufstiegschancen bieten. Deshalb war es uns wichtig, mit der Kindergrundsicherung keine neue Sozialleistung zu schaffen, sondern eine große Verwaltungsreform einzuleiten. Bisher rufen viele Eltern vorhandene Leistungen wegen bürokratischer Hürden oder aus Unwissenheit nicht ab. Das nimmt Kindern Chancen auf Teilhabe, etwa im Sportverein oder der Musikschule. Das ändern wir jetzt mit dem Kinderchancenportal. Darin sollen alle bisherigen Leistungen gebündelt werden, sodass Nachhilfe oder die Mitgliedschaft im Sportverein digital und leicht zugänglich werden. Außerdem investieren wir in die Bildungsqualität und die frühkindliche Betreuungsinfrastruktur, sodass immaterielle Armutsfaktoren direkt bekämpft werden.

Beim neuen Heizungsgesetz wurde in der Koalition lange um die richtigen Lösungen gerungen. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Das kann man so sagen: Wir haben den ursprünglichen Gesetzentwurf vom Kopf auf die Füße gestellt und dafür gesorgt, dass das neue Heizungsgesetz ein klares Bekenntnis zur Technologieoffenheit wird! Das war uns immer am wichtigsten, denn: Dem Klima ist egal, welche Technologie verwendet wird – entscheidend ist, dass sie klimaneutral ist. Eine Gasheizung, die mit klimaneutralem Biogas betrieben wird, heizt klimaneutraler als eine Wärmepumpe mit Kohlestrom. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass es keine Eingriffe in Eigentumsrechte geben wird – auch das ist ein großer Erfolg.

Was bedeuten die Bestimmungen in der Praxis? Werden Menschen gezwungen sein, ihre funktionierenden Heizungen auszubauen?

Ein ganz klares Nein. Niemand muss seine funktionierende Heizung herausreißen und sie kann auch jederzeit repariert werden – alles andere wäre absurd. Außerdem muss der Staat mit der Wärmeplanung in Vorleistung gehen und Klarheit über die konkret vor Ort bestehenden Optionen für die Zukunft schaffen. Erst wenn klar ist, welche Heizoptionen eine Kommune hat, greifen die Vorgaben. Mit unserem Gesetz muss die Heizung zum Haus passen, nicht umgekehrt.

Was sind Ihnen besondere Kernanliegen, die Sie auch in den kommenden zwei Jahren weiter beschäftigen werden?

Nach der parlamentarischen Sommerpause werden wir mit der Verabschiedung des Heizungsgesetzes und mit den Beratungen über den Haushalt sowie Christian Lindners Wachstumschancengesetz kickstarten. Nur indem wir die Wirtschaft und die hart arbeitende Mitte unseres Landes entlasten, können wir für nachhaltiges Wachstum sorgen. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft hat daher in der zweiten Hälfte der Legislatur hohe Priorität für uns. Zudem müssen wir uns als alternde Gesellschaft dringend darum kümmern, unsere Rente enkelfit zu machen. Für uns Freie Demokraten ist es deshalb ein wirkliches Herzensprojekt, in die teilweise Kapitaldeckung einzusteigen, um eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung der gesetzlichen Rente zu ermöglichen. Und das ist erst der Anfang der kommenden zwei Jahre!

KOMMUNALE WÄRMEPLANUNG

Carina Konrad

Carina Konrad

Stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende

Für uns als Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag war es zentral in den Verhandlungen, dass das Gebäudeenergiegesetz und die kommunale Wärmeplanung verzahnt werden. Das ist ein Meilenstein in Richtung nachhaltiger Wärmeversorgung.

Es muss erst eine kommunale Wärmeplanung vorliegen, bevor weitere Schritte beim Umbau der Heizungssysteme definiert werden. Das bedeutet nicht nur, dass jeder seine Heizung im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung nach eingehender Beratung frei wählen kann, sondern auch, dass keine diskriminierenden Hürden für einzelne Heizungstypen aufgestellt werden.

Doch warum ist die kommunale Wärmeplanung dabei so zentral? Um für Hauseigentümer und Heizungsbesitzer maximale Planungssicherheit zu gewährleisten, muss zuerst die kommunale Wärmeplanung erstellt werden. Erst auf dieser Grundlage können die Bürger eine informierte Entscheidung treffen. Das liegt daran, dass jede Kommune individuelle Gegebenheiten und Bedürfnisse hat. Eine pauschale Vorgehensweise – wie zunächst vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgesehen – wäre weder effektiv noch effizient. Indem Städte und Gemeinden maßgeschneiderte Wärmepläne erstellen, wird sichergestellt, dass Ressourcen optimal genutzt und Klimaziele erreicht werden.

Ein zentraler Aspekt dabei ist die Technologieoffenheit. Die Möglichkeit, aus verschiedenen Technologien – von Wärmepumpen über grüne Gase bis hin zu Biomasse – zu wählen, ermöglicht es, das Beste aus den lokalen Gegebenheiten herauszuholen. Dies fördert nicht nur den Klimaschutz, sondern auch die Wirtschaftlichkeit und Praxistauglichkeit.

Ein weiterer Pluspunkt: Immobilienbesitzer werden nicht zur Verantwortung gezogen, ohne dass klare kommunale Pläne vorliegen. Das schützt ihre Eigentumsrechte und bietet Planungssicherheit.

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